Coronavirus: Wieso Tourist:innen so wichtig für Portugal sind
Die Stadt Lissabon, ein großer Teil des portugiesischen Gebiets, blühte mit dem Tourismus auf, dem größten Exportsektor des Landes. Nun steht das Land vor einem großen Problem: Wie erholt es sich vom großen Rückschlag durch die unerwarteten Einschränkungen, die die Grenzen geschlossen und das Land der Ausländer:innen geleert haben?

Text, Fotos and Videos: Patrícia Paixão

Miguel Barros besitzt das Café da Cusca im historischen Zentrum der Stadt und weiß immer noch nicht, wie lange er durchhalten kann. Er eröffnet das kleine Café-Restaurant in Sichtweite des Zentrums, das auf typisch portugiesische Gerichte spezialisiert ist, vor zweieinhalb Jahren mitten im Tourismusboom.

Seit 2016 erfährt Portugal eine Flut von Auszeichnungen, die durch die Medien des Landes weitergetragen werden, und ist für das Podium der besten touristischen Destinationen für vier Jahre in Folge nominiert. Die World Travel Awards, die als Tourismus-Oscars verliehen und 1993 von einem Event-Unternehmen mit Sitz im Londoner Stadtteil Mayfair ins Leben gerufen wurden, sind die namhaftesten: Das Land wird in mehrere Kategorien eingeteilt und Lissabon wird mindestens in zwei aufeinanderfolgenden Jahren erwähnt – „Bestes Stadt-Ziel“, 2018 und „Bestes Städteziel“, 2017 und 2018. 2019 haben die Leser des amerikanischen Reisemagazins Condé Nast Traveler Portugal auf den dritten Platz seiner Liste der „Besten Reiseziele der Welt“ gewählt.

Die Einnahmen durch Tourismus steigen jedes Jahr und sind die Haupttreiber der wirtschaftlichen Erholung des Landes nach der Weltwirtschafts-Krise im Jahr 2008. Die Bank von Portugal (BP) bestätigt, dass sich die Einnahmen des Tourismus von 2013 bis 2019 verdoppelt haben: von 9 Milliarden auf über 18 Milliarden Euro.
Doch plötzlich werden am 16. März die Corona-Beschränkungen angeordnet, nur vier Tage zuvor hat sie Ministerpräsident António Costa bekannt gegeben. An diesem Tag registriert Portugal den ersten Toten durch das Coronavirus, ein 80-jähriger Mann, der, wie der Generaldirektor für Gesundheit (Direcéo-Geral de Saéde – DGS) versichert, andere damit verbundene Vorerkrankungen hatte. Das Land verzeichnet 331 bestätigte Infektionen, 86 mehr als am Vortag, 139 werden ins Krankenhaus eingeliefert und 18 müssen intensiv behandelt werden.
Es herrscht eine globale Gesundheitskrise und der steile Aufwärtstrend im Tourismus fällt zurück auf ein Niveau nahe Null. Portugal verliert etwa 97% der Tourist:innen, die das Land jeden April besucht haben, zeigt eine Studie des Nationalen Statistikinstituts (INE), die am 17. Juni veröffentlicht wurde. Dort heißt es auch, dass die Tourismusaktivität während der Beschränkungen praktisch nicht vorhanden ist: Zwischen Januar und April sinkt sie um 45 im Vergleich zum Vorjahr. Am 1. Juli berichtet das INE, dass von Februar bis Mai rund 192.000 Arbeitsplätze vernichtet wurden, was einem Anstieg der Arbeitslosenquote von 4% entspricht. Es weist jedoch darauf hin, dass die Zahlen viel höher sein könnten, da es nur Menschen zählt, die aktiv nach Arbeit suchen. Und es gibt immer noch einen großen Bevölkerungsanteil, der nur eingeschränkt mobil ist.
Die BP zeigt sich pessimistisch: Nach ihren Berechnungen werden die Tourismuseinnahmen um mindestens 60% sinken. Aber es könnte noch viel schlimmer sein: Am 21. Juni hat das Land bereits das zweitschlechteste Verhältnis neuer Corona-Fälle in der EU, nur Schweden steht noch schlechter da. Diese Situation könnte sich negativ auf die leichte Erholung auswirken, die die Tourismusbranche in diesem Sommer erwartet.
Miguel Barros serviert Kaffee in seiner Bar.
Miguel, der seine Einrichtung in einem Gebiet der Stadt zunehmend an die Bedürfnisse ausländischer Tourist:innen angepasst hat, ist gezwungen, zu schließen und den Koch zu entlassen. Er öffnet am 4. Mai wieder, als das Land beginnt, die Corona-Beschränkungen zu lockern. „Vorher hat es sich nicht gelohnt. Diese Nachbarschaft lebt von der touristischen Aktivität und ohne Ausländer:innen blieben die Angestellten der Gerichte und Ministerien. Aber beide waren weg“, sagt er. Miguel beginnt, Essen zum Mitnehmen zu verkaufen. „Ich habe einen Tisch an der Tür aufgestellt, ihn als Tresen genutzt, die Kunden nicht hereingelassen. Ich habe nicht genug Geld verdient, um die Miete oder die Wasser-, Strom- und Gasrechnungen zu bezahlen.“

Am 18. Mai ist er vorbereitet, um die Kund:innen in seinem Restaurant zu bedienen. Er bedient und er kocht. „Heute gibt es Entenreis. Aber ich weiß schon, dass ich etwa 40 % von dem verkaufen werde, was ich früher hatte“, mutmaßt er, halb entmutigt, und blickt auf die gestapelten Stühle in seinem kleinen leeren Café.

„Ich hatte gehofft, dass die Normalität zurückkehren würde, wenn ich die Zeit der Einschränkungen überwinde.“

Und mit ihr die großen Gruppen von Ausländer:innen, die die engen Gassen des Viertels säumen. Miguel wartet weiter auf die Beschäftigten der öffentlichen Institutionen, die am 1. Juli eröffnet werden. „Ich bin mir nicht sicher, ob sie ausreichen werden, um mein Restaurant zu halten, aber ich denke, ich zahle, um es zu sehen“, bilanziert er.

Der Tourismus ist der größte Wirtschaftsexportsektor des Landes, wie aus Daten von Turismo de Portugal hervorgeht, einem staatlichen Institut, das die Aktivitäten unterstützt und fördert:

Doch die Welt stand Kopf, Flugzeuge blieben am Boden, Reise- und Hotelaufenthalte wurden abgesagt. Portugal fehlten die Ausländer:innen, Einheimische isolierten sich in ihren Häusern, Schulen schlossen ebenso wie alle Handels- und Dienstleistungsunternehmen, die nicht als systemrelevant galten.

Am 18. März kommt es zum zweiten Covid-19-Toten, dem Vorstandsvorsitzenden der Banco Santander, der sich bei einem verschneiten Urlaub in Norditalien mit dem Coronavirus infiziert haben soll. Die Zahlen steigen auf ein alarmierendes Level: 642 neue Infektionen werden bestätigt, 89 Patienten werden ins Krankenhaus eingeliefert, davon 20 auf die Intensivstation.

Präsident Marcelo Rebelo de Sousa kündigt an, dass er am nächsten Tag den ersten 15-tägigen Notstand verhängen wird, aber er wird zwei Mal bis zum 3. Mai verlängert werden. Als er am 19. März beginnt, steigt die Zahl der Infizierten auf 785, 143 mehr als am Vortag, und Krankenhäuser betreuen 89 Patient:innen, 20 von ihnen auf der Intensivstation. Portugal registriert drei Todesfälle.

Wie sich ein nationaler Witz in Portugal entwickelt hat

Mit dem Notstand kann die Regierung Maßnahmen einführen, die gegen die Grundrechte der portugiesischen Verfassung verfassen, und führt eine Ausgangssperre mit nur wenigen Ausnahmen ein: Es ist immer noch erlaubt, in Supermärkte, Tankstellen, Essen in Restaurants zu holen, an den Arbeitsplatz zu gehen (im Falle von gewerblichen und systemrelevanten Dienstleistungserbringen), einem Familienmitglied zu helfen, kurze Spaziergänge um den Wohnblock zu machen oder mit dem Hunden spazieren zu gehen. Einige Leute planen, die milde Temperatur und den strahlenden Sonnenschein zu genießen, die gerade mit dem Frühling angekommen sind. Das „Ich nehme eine Leine und wenn die Polizei mich fragt, was ich außerhalb mache, antworte ich, dass ich nach meinem Hund suche, der sich gerade gelöst hat“, wird eine Art nationaler Witz.

Der April kommt mit steilen Anstiegen und die DGS spricht vom Höhepunkt der Pandemie: Der Durchschnitt der Neuerkrankungen liegt bei 560 pro Tag, es gibt fast 27 Todesfälle pro Tag. Am 1. April werden 726 Patienten in Krankenhäusern aufgenommen, davon 230 auf der Intensivstation. Am 1. April werden 726 Patient:innen aufgenommen, davon 230 auf der Intensivstation.

Der Präsident erneuert den Notstand am 3. April und erklärt, dass er wegen der Osterzeit, die traditionell bei Familientreffen gefeiert wird, besorgt ist. Er appelliert an die Vernunft der Portugies:innen, das zu vermeiden. Reisen zwischen Gemeinden ist verboten, mit Ausnahme von Arbeitnehmern in systemrelevanten Bereichen und Handel, die einen Nachweis ihres Arbeitgebers bei sich führen müssen. In der Region Lissabon hält die Polizei Autos an, die versuchen, die Brücken „25 de Abril“ und „Vasco da Gama“ zu überqueren. Fahrer:innen müssen ihre Reise rechtfertigen und zurück, wenn die Begründung nicht den Regeln der Beschränkungen entspricht.
Am 30. April ist die Situation besorgniserregend: Die Zahl der Patient:innen im Krankenhaus steigt auf 968, die Zahl der Intensivpflegebedürftigen sinkt auf 172.
Das Land ist wie betäubt von ständigen und widersprüchlichen Nachrichten über mögliche Behandlungen und Impfstoffe, hat wenig Hoffnung auf die Solidarität der Europäischen Union und erkennt allmählich, dass eine wirtschaftliche Katastrophe vor der Tür steht.
Der Ministerpräsident versicht, dass alles gelöst wird und muss die Notwendigkeit strenger Maßnahmen mehrmals rechtfertigen, um landesweit Bedenken zu zerstreuen: „Es hat keinen Sinn zu hetzen. Dies ist nicht die Zeit zu hetzen, dies ist nicht die Zeit, um das Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Wir wissen, dass es ein Licht am Ende des Tunnels gibt, aber es ist noch nicht in Sicht“, sagt Antonio Costa in einem Interview mit TSF radio, zwei Tage vor der zweiten Erneuerung des Ausnahmezustands.

Dennoch nehmen die Polizeibehörden in den sechs Wochen, in denen die Bevölkerung isoliert ist, fast 500 Menschen fest, weil sie die geltenden Beschränkungen missachtet haben: Infizierte, die außerhalb ihrer Häuser erwischt wurden, Gruppen, die auf der Straße feiern, und 2418 Geschäfte, die geschlossen werden sollten, sind einige der dokumentierten Verstöße.

Mit dem Ende des Notstands wird am 3. Mai der Katastrophenfall erlassen, eine abgeschwächte Form des Notstands im portugiesischen Recht. Die Grundrechte, die in der Verfassung garantiert werden, dürfen nicht mehr ausgesetzt werden, und die Beschränkungen sind deutlich lockerer. Obwohl die Zahl der Neuinfektionen nur langsam steigt (es gibt 25.282 bestätigte Fälle, 1043 Todesfälle, 856 Patient:innen, von denen 144 auf der Intensivstation sind), ist es an der Zeit, die strengen Beschränkungen zu lockern.

Der Plan für die Lockerungen sieht drei Phasen vor: die erste am 3. Mai, die zweite am 18. und die dritte am 1. Juni. Die Läden und Dienstleistungen öffnen wieder und soziale Aktivitäten finden wieder statt. Aber um Phase 2 und 3 zu erreichen, muss die Coronavirus-Pandemie unter Kontrolle bleiben. Antonio Costa warnt, dass er die Lockerungen notfalls „ohne Scham“ zurückziehen werde. Die Zahlen bleiben stabil und zwischen den Phasen weisen die wichtigsten Indikatoren für die Portugies:innen einen rückläufigen Trend auf: die Zahl der Todesfälle, die Zahl der stationär behandelten Patient:innen und die Zahl der Patient:innen auf Intensivstationen.

Zwischen dem 3. und dem 18. Mai liegt der Durchschnitt der neu bestätigten Fälle bei 245 pro Tag, die Todesfälle bleibt bei durchschnittlich etwa elf pro Tag. Am 18. Mai werden 628 Patienten aufgenommen, davon 105 auf der Intensivstation.

Die leere Straße von Bairro Alto.

Die Lichter am Ende des Tunnels sind noch aus

In der Innenstadt von Lissabon sind Aufwachen aus der Isolation und das Durchlaufen der von der Regierung vorgegebenen Phasen für die Lockerungen ein kaltes Bad harter Realität. Die Räder der Tourist:innen-Koffer, die auf den Stein des typisch portugiesischen Bürgersteigs schlagen, sind nicht mehr der am meisten gehörte Klang in Lissabon. Die Musik der Straße, Cafés, Bars, Restaurants und Geschäfte wird leise. Nicht einmal ein Fado ist zu hören, ein Musikgenre, das darauf spezialisiert ist, die Bitterkeit des Portugies:innen im Wort „saudade“, dem Kennzeichen dieser Lieder, zusammenzufassen.

Vom Herzen des historischen Zentrums – wo sich die Kathedrale, die Burg von Sao Jorge und das bekannte Alfama-Viertel befinden – bis zu den beiden Lungen, die Chiado und Baixa, Bairro Alto, Cais do Sodré, Préncipe Real und Séo Bento umfassen, gibt es kein lebenswichtiges Organ, das gesund genug ist, um den gesamten Organismus zu unterstützen. Die Innenstadt ist verkümmert und mit ihr alle Kaufleute und Familien, die auf Kosten ihres Pulses leben.

Die übliche Raserei, verursacht von der Masse von 16,3 Millionen ausländischen Tourist:innen, die sich noch 2019 im ganzen Land geschlängelt haben, ist verschwunden. Viele von ihnen haben sich auf den schmalen Fußwegen der Altstadt Lissabons gedrängelt. Am 1. Juni beginnt die dritte Phase der Corona-Lockerungen. Die einzigen noch geschlossenen Einrichtungen sind Bars, Diskotheken, Grundschulen, Universitäten und öffentliche Ämter. Der Handel hat begrenzte Öffnungszeiten bis 23 Uhr. Die durchschnittliche Zahl der bestätigten Neuinfektionen mit dem Coronavirus zwischen dem 1. und 18. Juni steigt auf 300 pro Tag. Es ist ein Anstieg, der auf den besorgniserregenden und immer noch aktiven Fokus in der Region Lissabon zurückzuführen ist, der die Regierung bereits gezwungen hat, neue Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung und die Zusammenkünfte zu beschränken. Die Zahl der Todesfälle sinkt jedoch: Der Durchschnitt liegt bei 5,5 pro Tag. Am 18. Juni sind 416 Menschen in den Krankenhäusern, davon 67 auf den Intensivstationen.

Ein solcher Fall ist João Pedro Martinho. Der Besitzer von Your Lisbon Home, das 54 Ferienwohnungen betreibt, davon 19 in Bairro Alto und Chiado, erzählt, dass ihn der Monat Mai vor dem Bankrott bewahrt hat. Und die Wohnungen, die er im Parque das Naées, einem Gebiet an den Grenzen von Lissabon, das aus Gebäuden und Straßen aus dem 21. Jahrhundert besteht, hält. Alles riecht nach Neu, die Bereiche sind breit, barrierefrei, es ist einfach, draußen zu parken. Fast jedes Haus verfügt über eine Garage und viele der typischen Annehmlichkeiten der Neubauten. „Es sind die einzigen Wohnungen, die wir für kurze Zeit an den heimischen Markt vermieten konnten“, verrät er.

In der Tat, der Inlands-Tourismus in Portugal mit Kurzurlauben sowie Geschäftsreisen brachte den Beherbungsbetrieben im Jahr 2019 mehr als zehn Millionen Gäste, laut Tourismus von Portugal, das entspricht fast der gesamten Bevölkerung des Landes. Mit dem Angebot, das ihnen am meisten gefällt, fängt João Pedro diese Art von Tourist:innen ein und erzielt Ergebnisse: „Ich habe es geschafft, die verlorenen Monate aufzuholen. Schließlich hat das Unternehmen die Bücher ausbalanciert“, sagt er.

Das historische Zentrum ist eine andere Geschichte. „Die Portugies:innen fliehen aus diesem Gebiet, das jedoch der Favorit der ausländischen Tourist:innen ist. Die Häuser sind klein, malerisch, in Gebäuden, die vor 200 Jahren oder früher gebaut wurden“, erklärt er.

Die einzige praktikable Lösung ist, die Wohnungen mit Langzeit-Verträgen zu vermieten. Er hat nicht gewartet, aus den Einschränkungen herauszukommen, um damit zu beginnen, weil er glaubt, dass der internationale Tourismus erst 2021 wiederaufleben wird. „Ich habe es gleich im April gemietet, zu Preise, die vor den Einschränkungen undenkbar waren. Wir verlieren etwa 1000 Euro für jedes Apartment, jeden Monat“, gesteht er. Er vermietet jetzt Zwei-Zimmer-Wohnungen für 900€, wohingegen noch im März der Wert einer renovierten 2-Zimmer-Wohnung im Stadtzentrum nicht unter 1500€ lag.

„Die Langzeitmieten sind eine vorübergehende Maßnahme, weil nur das mir erlaubt, die Mieten des Vermieters zu decken, es kann kein Lohn gezahlt werden. Das Unternehmen kann nicht mehr das sein, was es früher war, so arbeiten wie zuvor und 14 Arbeitsplätze erhalten“, sagt er. Wenn der Tourismusmarkt nicht aufkeimt, wird das Unternehmen eine umfassende Umstrukturierung durchlaufen müssen. Die Hoffnung von João Pedro ist, dass der Sommer einige Verbesserungen und einige Ausländer:innen bringt. Wenn die Situation um das Coronavirus anhält, muss er sich einen Plan B überlegen und sich nur auf den heimischen Markt konzentrieren. Das bedeutet, die Häuser im Stadtzentrum zu verlassen, nur diejenigen zu halten, die die Portugies:innen schätzen: die im Parque das Naées. „Aber es ist noch zu früh, um zu beurteilen, ob es notwendig ist, eine solche Entscheidung zu treffen“, sagt er.

Das Hauptanliegen von João Pedro ist, die Arbeitsplätze zu erhalten: „Wir haben ein paar Jahre gebraucht, um dieses Team zu schaffen, es ist sehr gut an unsere Philosophie angepasst. Es wäre eine Verschwendung sein, wenn ich es auflösen müsste.“ Zwischen April und Mai schickt er alle mit der Hälfte des Gehalts in die Kurzarbeit. „Im Juni ist es uns bereits gelungen, den Arbeitsplan zu erhöhen und das Gehalt um 150 Euro zu erhöhen“, erklärt er.

Die Erholung führt er jedoch nur auf seine Bemühungen und sein Team zurück. Die Bank habe ihn angerufen, um eine Kreditprogramm von 500.000€ anzubieten, jedoch einen Zinssatz von drei Prozent verlangt – das entspreche genau dem Satz vor den Corona-Beschränkungen. João Pedro denkt, dass sie einfach wie gewohnt Geschäfte machten, und lehnt die „Hilfe“ ab.

Die Unterstützungsmaßnahmen der Regierung werden nach eigenen Angaben ganz anders ausfallen: „Geld in die Banken zu pumpen, damit sie ihre Geschäfte fortsetzen können, als ob nichts vor sich geht, scheint es nicht zu lösen. Wir laufen Gefahr, in einer Zeit der Unsicherheit Schulden anzuhäufen. Wer weiß, ob wir zahlen können? Außerdem vergeben Banken nur Kredite an diejenigen, die ihrer Meinung nach ein geringes Risiko darstellen.“

Die Region Lissabon steht vor der Möglichkeit einer neuen Ausgangssperre

In einer Pressekonferenz, die nach dem Ministerrat am 25. Juni stattfindet, gibt Ministerpräsident Antonio Costa zwei Erklärungen für die beängstigende Zunahme bestätigten Coronavirus-Infektionen in der Hauptstadtregion: Es werden mehr Tests durchgeführt und die Ansteckung ist gestiegen. Portugal izählt an diesem Tag sechs Todesfälle und 451 an Covid-19 erkrankte Menschen. Die Region Lissabon und Tejotal (RLVT) kommt auf 339 dieser Neuinfektionen, was 75 Prozent der nationalen Gesamtzahl entspricht. Die Gemeinden Lissabon, Sintra, Amadora, Loures und Odivelas, sind die beunruhigendsten im RLVT, sie haben rund 68 bestätigte Fälle pro 10.000 Einwohner:innen, während das Land durchschnittlich 38,6 pro 10.000 Einwohner:innen zählt.

Costa versichert, dass die Situation unter Kontrolle sei, unterstreicht die hohe Zahl der Genesenen, die geringe Zahl der Toten und erinnert daran, dass ein Anstieg der Kontamination „erwartet“ worden sei, sobald das Land beginne, die Beschränkungen zu lockern. Dennoch sind nach Angaben des INE am 1. Juli bereits 96% portugiesische Unternehmen sowie 82% aller Hotels und Restaurants für Unternehmen wieder geöffnet.

Und der Ministerpräsident kündigte an, dass das UEFA-Champions-League-Finale im August dieses Jahres in Lissabon stattfinden wird. „Eine Auszeichnung für Gesundheitsfachleute“, sagte er den Medien. Die Portugiesische Ärztekammer (OM) will auf diese Weise nicht ausgezeichnet werden. Der Präsident der OM, Miguel Guimarées, sagte dem Radiosender TSF: „Wir müssen vorsichtig sein. Was in Lissabon geschieht – was ich für unter Kontrolle halte – bedeutet, dass dies noch nicht vorbei ist.“ Ärzte und Krankenschwestern protestieren gegen den „Preis“ der Regierung.

Wissenschaftler:innen können keinen Grund für das finden, was in Lissabon geschieht, und einige vermuten, dass das Virus bereits in der Gemeinschaft verwurzelt ist. „Wir müssen vorsichtig sein und nicht die Wissenschaftler fragen, auf das zu reagieren, was sie noch nicht wissen. Dies ist Echtzeitforschung“, erklärt der Ministerpräsident und räumt ein, dass es „unterschiedliche und sogar widersprüchliche Meinungen“ und Schlussfolgerungen gebe, die es nicht zuließen, „große Sicherheit“ bei politischen Entscheidungen zu haben.

Um sicherzustellen, dass Lissabon nicht außer Kontrolle gerät, verhängt die Regierung eine Reihe neuer Beschränkungen für die 19 Pfarreien in der Metropolregion, die als am stärksten von aktiven Covid-19-Ausbrüchen betroffen identifiziert werden. Die Pfarreien werden unter dem Notstand weitergeführt, was der Regierung die rechtliche Legitimation gibt, die Aufsicht zu verstärken und gegebenenfalls eine neue Ausgangssperre zu verhängen. Vorerst hat die Regierung Versammlungen von mehr als fünf Personen verboten und zehn Millionen Euro für ein neues Programm – Gesunde Nachbarschaften – bereitgestellt, das darauf abzielt, zu desinfizieren und gute Praktiken in diesen Pfarreien zu fördern. Experten heben das Zusammenleben und das Arbeitsumfeld hervor, das oft Fahrten mit überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln einschließt, als Hauptfaktoren für die Ausbreitung des Coronavirus hervor. Aber die Regierung hat noch keine konkreten Maßnahmen für diese besonderen Situationen vorgelegt.

In der weiteren Metropolregion von Lissabon gilt der Kontingenzzustand, der geringere Einschränkungen bedeutet: Versammlungen von zehn oder mehr Menschen und der Konsum von Alkohol in der Natur sind verboten, der Handel schließt um 20 Uhr außer Supermärkte, die bis 22 Uhr geöffnet bleiben, und die Restaurants bis 23 Uhr.

Der Rest des Landes befindet sich in einem Alarmzustand, der niedrigsten Stufe im Zivilschutzgesetz.Hier bleiben lediglich Versammlungen von mehr als zwanzig Personen verboten.

Die Sicherheitskräfte verhängen nun im ganzen Land Bußgelder und lassen, wie der Ministerpräsident formuliert, „die rein pädagogische Politik“ bleiben, mit der sie bisher gehandelt hätten.

Wenn die Absicht ist, zu helfen, wie der Premierminister ankündigte, gibt es andere Wege. „Portugal lebt vom Tourismus“, warnt er. Nach den jüngsten Daten der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) der 36 Mitgliedsländer im Jahr 2016 hatte Portugal mit 12,5 den höchsten Anteil des BIP aus dem Tourismussektor. 2017 stieg er auf 13,7% und 2018 auf 14,6%, wie aus den jüngsten Daten des Nationalen Statistikinstituts (INE) hervorgeht, die noch nicht in der OECD-Datenbank enthalten sind.

João Pedro schlägt eine Alternative zur Rettung des Tourismussektors vor, der am meisten zum portugiesischen BIP beiträgt:

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Die bürokratischen Hürden der Staatshilfen

André Cristévéo, Inhaber von zwei Hamburger-Gourmet-Restaurants in Bairro Alto – A Cultura do Hambérguer (Die Kultur des Hamburgers) -, beklagt sich ebenfalls über die fehlende staatliche Unterstützung und die Art und Weise, wie er gezwungen ist, sein Geschäft in einem Gebiet offen zu halten, das leer bleibt, bis die Tourist:innen zurückkehren oder solange die Nachtaktivität um 23 Uhr endet. „Du siehst keine Menschenseele in diesen Straßen. Jeden Tag, an dem ich ein einziges Mittagessen serviere, denke ich, dass ich Geschäfte gemacht habe. Das ist doch lächerlich“, klagt er. Sein durchnittliches Tageseinkommen seit dem 18. Mai, als er gezwungen war, seinen Betrieb wieder aufzunehmen und das Personal aus der Kurzarbeit zu holen, betrage 200€. Vor den Beschränkungen setzte er 3000€ pro Tag um.

André sagt, er verstehe, dass sie Restaurants zwingen, wieder zu öffnen, weil es an Orten mit meist portugiesischer Kundschaft sinnvoll sei. Aber nicht in Bairro Alto. „Nur, wenn die Bars wie bisher bis zum Morgengrauen geöffnet bleiben dürfen“, erklärt er. Und die Situation sei so ernst, dass André abwechselnd einschaltet, um Energie und Lampen zu sparen. „Ich gebe viel aus, um die Tür offen zu halten. Ich zahle die Gehälter der Küchen- und Salonmitarbeiter, Strom, Gas, Wasser und die Produkte, die ich kaufe – nur um sie dann nicht zu verkaufen etwa Fleisch und Gemüse.“

Die Unterstützung der Regierung beschränkt sich auf Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter:innen. André hat als geschäftsführender Gesellschafter keinen Anspruch auf eine solche Unterstützung. Auch die von der Regierung angekündigten Kredithilfen würden seine finanzielle Lage nicht verbessern, wie er erklärt:

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„Ich hatte 29 Mitarbeiter:innen, jetzt habe ich 9. Die Verträge liefen aus und ich habe sie nicht verlängert“, verrät er. „Im ersten Monat habe ich noch versucht, sie zu halten. Ich glaubte, dass die Regierung in der Lage sein würde, etwas zu tun, um dieses Unheil zu kompensieren“, fügt er hinzu. Er hätte das Arbeitsverhältnis mit fünf seiner Mitarbeiter bereits im April beenden können, aber sich gegen den Rat seines Buchhalters dagegen entschied. Im Laufe der Zeit erkennt er, dass nicht viel mehr passieren wird und dass Die Unterstützung niemals ausreichen wird. „Es gibt keine Solidarität in Europa oder unter Portugies:innen. Ich finde es schwer zu verstehen, dass es ein Fehler ist, die Existenzgrundlage meiner Familie zu gefährden, obwohl ich darum kämpfe, dass andere nicht ihren Lebensunterhalt verlieren. Leider bin ich nicht in der Lage, jeden allein zu unterstützen. Sie brauchen meine Hilfe und ich brauche die Hilfe anderer, um ihnen helfen zu können. Aber leider passt das Helfen nicht zu der Art, auf die wir die Reaktion auf diese Pandemie organisiert haben“, bilanziert er.

Die Familien versorgen sich selbst mit dem Geldwert, der in der Kurzarbeit eingeführt wurde, eine in einigen Fällen noch immer geltende staatliche Maßnahme, die zwei Drittel des üblichen Lohns bietet. Der Staat garantiert über die Sozialversicherung 70% davon, und 30% muss der Arbeitgeber zahlen. Aber es gibt eine Obergrenze: Die 46,66% für den Teil des von der Regierung garantierten Gehalts gelten höchstens für zwei Mindestlöhne (1270€). Tatsächlich würde der Zuschuss niemals 593€ übersteigen, was unter dem Mindestlohn (635€) liegt. Eltern mit Kindern unter zwölf Jahren fallen automatisch unter diesen Mechanismus, so wie alle Mitarbeiter:innen von Unternehmen, die vorübergehend schließen müssen. Unternehmen, die weiterhin im Home-Office beschäftigt sind, können sich auch für eine Kurzarbeit entscheiden, wenn sie den Mitarbeiter nur in Teilzeit benötigen. Selbständige sind erfasst und später Kleinstunternehmer mit einer jährlichen Umsatzgrenze von 80.000€: Beide Fälle erhalten 46,66% des durchschnittlichen Monatseinkommens des Vorjahres. Es ist jedoch notwendig, keine Schulden zu haben.

Kreditprogramme

Die Regierung kündigte Kredithilfen in Höhe von drei Milliarden Euro an, mit Sonderkonditionen, einer Nachfrist bis zum Jahresende und der Möglichkeit einer Rückzahlung über vier Jahre.

Die Gastronomie und ähnliche Sektoren erhalten 600 Millionen Euro, davon 270 Millionen Euro für Kleinst- und Kleinunternehmen; der Tourismussektor, das heißt Reisebüros, Animateur:innen und Organisator:innen von Veranstaltungen und ähnlichem, erhält 200 Millionen Euro, davon 75 Millionen für Kleinst- und Kleinunternehmen; Beherbergungsbetriebe mit 900 Millionen Euro, 300 Millionen für Kleinst- und Kleinbetriebe; Industrie, Textil, Bekleidung, Schuhe, Bergbau und Holz, erhalten 1,3 Milliarden Euro, 400 Millionen gibt es für Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen.

Die Unternehmen müssen eine positive Bilanz ihrer Tätigkeit vorelgen, um Zugang zu den von den Banken verteilten Kredithilfen zu bekommen. André zahlt noch immer die Investitionen zurück, die er getätigt hat, um sein zweites Restaurant zu eröffnen. Seine Bilanz weist deshalb nur negative Zahlen auf. „Die Bank lässt mich Papierkram ausfüllen, fragt kiloweise nach Dokumentation, es fehlt immer etwas, ich verbringe Wochen mit diesem Miste. Schließlich sagen sie mir, dass ich nur Anspruch auf 10.000€ habe, das entspricht drei Tagen Umsatz in Vor-Corona-Zeiten. Es stellt sich heraus, dass sie nur die Zahlen meines ersten Restaurants berücksichtigen können. Ich habe das Gefühl, dass mich jemand verspottet“, sagt er wütend.

Für André scheitert Portugal daran, seine Unternehmen zu unterstützen, und tut nur sehr wenig für die Familien.

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Die Geisterhäuser

Elquisson Menezes, ein Portugiese, der 2007 aus Brasilien kam, sah eine Chance, die Lebensbedingungen in Lissabons pulsierendem Tourismus zu verbessern und beschloss, drei Wohnungen in der Innenstadt zu mieten und in elf Kurzmietzimmer für Tourist:innen umzuwandeln. Früher hat er durchschnittlich rund 9000€ im Monat gemacht. Heute hat er nur noch 4 Zimmer belegt – er mietet es für eine lange Zeit, nimmt 1300€ im Monat ein. Ein Betrag, von dem er sagt, dass er nicht ausreicht, um die Mieten zu decken, die er an seinen Vermieter zahlen muss.
Er versucht immer wieder, die leerstehenden Zimmer zu mieten, aber es war nicht einfach. „Es ist ein unattraktives Modell für die Portugies:innen. Und obendrein gibt es eine Menge Konkurrenz bei Wohnungen, die sich früher an Tourist:innen gerichtet haben – und die in den monatlichen Mietmarkt eintraten, weil sie auch keine Tourist:innen mehr haben“, erklärt er.

Da die Häuser fast leer stehen, verlässt sich Elquisson auf die Ersparnisse, die er vor der Pandemie angehäuft hat. Aber er ist besorgt, er denkt, dass das Geld nur noch drei Monate reichen wird. „Ich werde es schwer haben, die Miete für das Haus zu bezahlen, in dem ich lebe. Das sind 800€“, sagt er.

Er hat noch nie von staatlicher Unterstützung für Mieten durch das IHRU (Institut für Wohnungswesen und Stadtsanierung) gehört, das ein zinsloses Kreditprogramm für die Bevölkerung versprochen und betont hat, es richte sich an die, die sich die Mieten von April, Mai und Juni kaum leisten könnten. Die Darlehen werden ab Januar 2021 in 36 Tranchen ausgezahlt. Um anspruchsberechtigt zu sein, muss der Antragsteller nachweisen, dass das monatliche Einkommen gesunken ist. Das Verfahren war langwierig, und es gibt immer noch Familien mit unbezahlten Mieten, die darauf warten, dass das Institut ihre Fälle genehmigt.

Es scheint, dass die Bekanntgabe dieser Unterstützung Elquisson überhaupt nicht erreicht hat. Er versuchte, seine Mietpreise mit seinem Vermieter nachzuverhandeln. „Er sagte mir, er lebe von diesem Geld, habe keine andere Einkommensquelle und sagt, er könne mir nicht helfen, weil ihm auch niemand helfe.“

Rabattangebote für Inlandstourist:innen

Die Lissabon Regional Tourism Entity (ERT-RL) präsentierte ein Tourismusförderprogramm, das Einwohner:innen und Portugies:innen aus anderen Teilen des Landes, die ein paar Tage Urlaub in der Hauptstadt verbringen möchten, Rabatte bietet.

So gibt es zwischen Juli und September Zugangskarten zu den wichtigsten Museen, Denkmälern und Sehenswürdigkeiten für 12,5€. Abendessen und das Hören von Live-Fado in einem Fado-Haus kostet 25€, Delphinbeobachtungen auf Bootsfahrten oder Weintourismus kosten 20€.

Ein Zwei-Nächte-Pakete, für zwei Personen, Frühstück inbegriffen, kostet für Portugies:innen160€.

Mit dieser Initiative will ERT-RL versuchen, Unternehmen im Tourismussektor von Lissabon zu helfen. „Wir befinden uns in einer sehr komplizierten Phase“, sagte der Präsident von ERT-RL, Vétor Costa, dem Time Out Magazine. Die Idee sei, sofortige Ergebnisse für das nationale Geschäftsgefüge zu erhalten und die Beziehung der Portugies:innen zum touristischen Angebot des Landes zu vertiefen. „Wie lange ist es her, dass wir in ein Fado-Haus oder in unsere Museen gegangen sind? Vielleicht ist es schon lange her, dass du das getan hast“, appellierte er in einem Statement an das gleiche Magazin.

Das Programm startet in der letzten Juniwoche und beinhaltet 85 Hotels und Ressorts, 14 touristische Unterhaltungsanbieter, 16 Fado-Häuser und außerdem Mietwagenangebote.

Einer Studie von Savillis zufolge, in Zusammenarbeit mit HomeAway, einem Wettbewerber von Airbnb, wurde 2018 die Hälfte der Zweitwohnungen mit Blick auf Kurzzeitvermietungen gekauft. Die Studie, für die 7800 Eigentümer;innen und 6800 Reisende in Portugal, aber auch im Vereinigten Königreich, in den USA, Spanien, Kanada, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Neuseeland und Brasilien befragt wurden, zeigt, dass die beiden Hauptgründe für die Anmietung ihres Zweitwohnsitzes darin besteht, ein zusätzliches Einkommen zu erzielen (37%) und die Unterhaltskosten der Unterkunft zu tragen (34%).

Eduardo Miranda, Präsident des Verbandes der lokalen Unterkünfte in Portugal (ALEP), sagte der Zeitung „I“, dass 2018 bereits fast 50% Übernachtungen in Lissabon und Porto ausfielen.

Die Pfarrei Misericérdia zum Beispiel, die Gebiete wie Bairro Alto, Santa Catarina, Sao Bento und Préncipe Real umfasst, hat 45% ihrer Wohnungen, die touristischen Unterkünften zugewiesen sind – es gibt fast so viele Hotels, Hostels, Pensionen und lokale Unterkünfte wie Wohnungen.

Toms Berger verwaltet drei Wohnungen für Tourist:innen in der Altstadt. Er hat auch beobachtet, wie sein Geschäft Verluste gemacht hat, aber er hofft immer noch, den Trend umzukehren:

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Die Ausnahme von der Regel

Amamdio Oliveira aus Quiosque Principe Real, besser bekannt als O Quiosque do Oliveira, wird am 18. Mai wiedereröffnet, wenn das Land die zweite Phase der Lockerungen beginnt. Schnell wird ihm klar, dass seinen Kund:innen, die hauptsächlich aus Bewohner:innen der Gegend bestehen, viel daran gelegen ist, die Terrasse seines Kiosks wieder besuchen zu können.

Es füllt sich bald und Oliveira erreicht eine Leistung, die nur wenige in dieser Stadt vorweisen können – er verzeichnet keinen Umsatzrückgang. „Ich habe gemerkt, dass ich mehr Glück habe als meine Kolleg:innen in den umliegenden Cafés und Restaurants, weil ich diese tolle Gegend im Garten im Freien habe. Die Leute waren lange eingesperrt, sie wollen jetzt auf die Terrasse kommen, ein kaltes Bier oder einen Espresso trinken“, sagt er. Aber er fügt noch einen weiteren Grund hinzu, immer wieder ein Fass Bier und ein Kilo Kaffee am Tag zu verkaufen: „Die Kund:innen fühlen sich auf der Straße sicherer als in einem Café.“

Der Kiosk befindet sich direkt vor Jamie’s Italian, einem zweistöckigen Luxusrestaurant des britischen Küchenchefs Jamie Oliver, international bekannt durch TV-Shows und Bücher. Bis zur Schließung aufgrund der Coronamaßnahmen war es ein trendiger Ort mit Menschenansammlungen draußen, die darauf warteten, hereinzukommen. Jetzt ist es fast leer.

Oliveira glaubt, dass er Glück hat, dass er keine Unternehmensstruktur über sich zu unterstützen hat: „Es wird mir letztlich helfen, mich von den Verlusten zu erholen, die ich während der zwei Monate, die ich geschlossen hatte, eingefahren habe. Ich besitze eine Kleinstfirma, nur ich und meine Frau arbeiten hier. Ich musste mir nicht einmal um die Gehälter der Mitarbeiter:innen kümmern.“

Das Gesetz, das einen Abstand von zwei Metern zwischen den Tischen vorschreibt, berührt ihn auch nicht. Er kann einfach die Tische über ein anderes Stück des schönen Gartens verteilen, ohne die Anzahl der Sitzplätze zu reduzieren. „Es wird viel schwieriger für große Restaurants – sie haben zu hohe Mieten. Ich unterstütze auch keine Küchen, ich serviere nur Kaffee, Bier, Wasser und Saft, ein paar Snacks und Kuchen. Es ist ganz anders und ich denke, das ist es, was mich leicht aus den schlimmsten Zeiten herausholen wird“, schließt er.

Mit viel Zeit zur Verfügung

Das Stadtzentrum ist menschenleer. Mehrere Betriebe – vor allem kleine Läden für Kleidung, Schuhe und Mikrobasare – haben für immer geschlossen und man sieht immer häufiger Vermietungs- oder Verkaufsanzeigen oder entsprechende Hinweise an den Fenstern der Altstadthäuser.

In ihrer Bar-Pizzeria in Bairro Alto versucht sie, die immense Zeit, die ihr nun zur Verfügung steht, zu nutzen, um kleine DYIs zu machen. Sie bereitet sich darauf vor, eine der Innenwände zu malen.

Es war einfach nur traurig. Ich gebe 400 € monatlich aus, um den Pizzaofen warm zu halten und es gibt keine Kund:innen.

Mónica Sousa

Bar-Pizzeria-Inhaberin

Cristina Freitas, alias Dj CiCi, hat seit der Sperrung auch keinen Job mehr. „Ich habe versucht herauszufinden, ob das Abspielen von Musik auf einer Online-Plattform eine praktikabele Alternative wäre, aber es funktioniert nicht. Diejenigen, die es versuchten, scheiterten. Ich sehe keine andere Möglichkeit, unter diesen Umständen Geld zu verdienen. Und Bairro Alto ist nachts immer noch geschlossen“, sagt sie und trauert.

Nuno Bessa, Fahrer eines TUK TUK, der durch die Innenstadt tourt, geht es nicht besser. Am 10. Juni kehrte er zur Arbeit zurück, aber sein Auto ist immer noch geparkt. „Es ist 17 Uhr, ich bin seit 9 Uhr hier, ich habe diesen Ort noch nicht verlassen.“

Er besteht darauf, sein Interview auf Englisch aufzuzeichnen, um sicherzustellen, dass potenzielle Tourist:innen die Probleme verstehen, mit denen er konfrontiert war, und die Vorteile eines Besuchs in Portugal. „Wir haben es geschafft, die Infektionszahlen der Pandemie zu kontrollieren, es ist eines der sichersten Reiseziele der Welt“, sagt er, bereitet sich auf das Video vor und warnt, dass das Vakuum bleiben wird, wenn die Tourist:innen nicht bald auftauchen.

Gibt es genügend Tests?

Da der Alarmstatus in Kraft tritt und der Planet keine Testkits mehr hat, beginnt das Gesundheitsministerium damit, nur diejenigen zu testen, die die Krankenhäuser erreicht haben. Ende März wird jede:r mit anhaltendem Husten, Fieber über 38 °C oder Atembeschwerden getestet. Zwischen dem 1. März und dem 10. April werden 151.113 diagnostische Tests durchgeführt, von denen 17.083 (11.3%) positiv ausfallen,teilt das Gesundheitsministerium mit, das ebenfalls am 12. April ankündigt, dass in Kürze rund 900.000 Tests verfügbar sein würden, die „sofort“ zum Einsatz kommen sollen. Ende Mai hat der Staatssekretär für Gesundheit, Antonio Lacerda Sales, jedoch bekannt gegeben, dass etwas mehr als „770.000 Covid-19-Tests“ durchgeführt wurden.

Dennoch belegt die OECD Portugal an fünfter Stelle der Länder mit der größten Kapazität für Covid-19-Tests. Die Ende April veröffentlichten Daten führen das Land unter dem Durchschnitt, aber die Zählmethode ändert sich, und am 13. Mai rückt Portugal an die Spitze der Liste. Zwischen dem 1. und 10. Mai führt das Land durchschnittlich mehr als 13.000 Tests pro Tag durch.

Am 13. Mai versicherte Ministerpräsident Antonio Costa, dass Portugal über ein „robustes System mit Testkapazität“ verfüge und „das Land mit den viertmeisten Tests pro Million Einwohner – konkret 58,482 Tests“ sei. Nur Litauen, Zypern und Dänemark testen mehr als Portugal.

Dennoch sorgt Costa dafür, dass die Lage unter Kontrolle ist, und unterstreicht die hohe Zahl der Genesenen, die geringe Zahl der Toten und erinnert daran, dass ein Anstieg der Kontamination „erwartet“ wurde, sobald das Land beginnen würde, die Einschränkungen zu lockern.

Wissenschaftler:innen können keinen Grund für das finden, was in Lissabon geschieht, und einige vermuten, dass das Virus bereits in der Gemeinschaft verwurzelt ist. „Wir müssen vorsichtig sein und nicht die Wissenschaftler fragen, auf das zu reagieren, was sie noch nicht wissen. Dies ist Echtzeitforschung“, erklärt der Ministerpräsident und räumt ein, dass es „unterschiedliche und sogar widersprüchliche Meinungen“ und Schlussfolgerungen gebe, die es nicht zuließen, „große Sicherheit“ bei politischen Entscheidungen zu haben.

Um sicherzustellen, dass Lissabon nicht außer Kontrolle gerät, verhängt die Regierung eine Reihe neuer Beschränkungen für die 19 Pfarreien in der Metropolregion, die als am stärksten von aktiven Covid-19-Ausbrüchen betroffen identifiziert werden. Die Pfarreien werden unter dem Notstand weitergeführt, was der Regierung die rechtliche Legitimation gibt, die Aufsicht zu verstärken und gegebenenfalls eine neue Ausgangssperre zu verhängen. Vorerst hat die Regierung Versammlungen von mehr als fünf Personen verboten und zehn Millionen Euro für ein neues Programm – Gesunde Nachbarschaften – bereitgestellt, das darauf abzielt, zu desinfizieren und gute Praktiken in diesen Pfarreien zu fördern. Experten heben das Zusammenleben und das Arbeitsumfeld hervor, das oft Fahrten mit überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln einschließt, als Hauptfaktoren für die Ausbreitung des Coronavirus hervor. Aber die Regierung hat noch keine konkreten Maßnahmen für diese besonderen Situationen vorgelegt.

In der weiteren Metropolregion von Lissabon gilt der Kontingenzzustand, der geringere Einschränkungen bedeutet: Versammlungen von zehn oder mehr Menschen und der Konsum von Alkohol in der Natur sind verboten, der Handel schließt um 20 Uhr außer Supermärkte, die bis 22 Uhr geöffnet bleiben, und die Restaurants bis 23 Uhr.

Der Rest des Landes befindet sich in einem Alarmzustand, der niedrigsten Stufe im Zivilschutzgesetz.Hier bleiben lediglich Versammlungen von mehr als zwanzig Personen verboten.

Die Sicherheitskräfte verhängen nun im ganzen Land Bußgelder und lassen, wie der Ministerpräsident formuliert, „die rein pädagogische Politik“ bleiben, mit der sie bisher gehandelt hätten.

„Die Innenstadt läuft Gefahr, für eine lange, lange Zeit leer zu sein“, sagt er. Ebenso wie die Taschen der Portugies:innen, die sich nur mit Hoffnungen und vielen Schulden zu füllen scheinen. Wer weiß, ob die Tatsache, dass Lissabon die europäische Stadt mit den meisten Flugbuchungen in der ersten Junihälfte ist, wie der World Travel and Tourism mitteilt, mehr als nur das bringen wird? Nunos Appell:
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